Ich bekomme immer wieder mit, welch große Herausforderung es für Paare ist, im Alltag eine erfüllte Sexualität zu leben. Und selbstverständlich kenne auch ich Phasen, in denen gefühlt alles andere wichtiger ist Intimität. Dennoch ist die Sexualität das entscheidende Element, das eine Partnerschaft von einer Freundschaft unterscheidet. Grund genug, ihr einen deutlich höheren Stellenwert einzuräumen.
Für viele Frauen ist normaler penetrativer Sex oft nicht erfüllend - und dann ist es kein Wunder, dass manche diese Tür einfach komplett zumachen oder aber den Akt über sich ergehen lassen, obwohl sie im Kopf meilenweit weg sind. Oftmals fehlt einfach das Know-how, wie eine Frau berührt werden möchte.
Aber auch Männer erzählen mir immer wieder, dass sie unter Erwartungshaltungen leiden und sich unter Druck gesetzt fühlen, weil ihre Partnerin es auf sich bezieht, wenn der Mann keine Erektion bekommt. In diesem Blogartikel erhältst du 9 Tipps, wie ihr euch trotz einem ausgefüllten Alltag eine erfüllte Sexualität bewahrt - oder diese wieder findet.
Inhaltsverzeichnis
1. Weiterbildung im Themenbereich Sexualität
Wann immer wir im Leben eine neue Fertigkeit erlernen möchten, greifen wir ganz selbstverständlich zu Büchern, buchen uns einen Onlinekurs oder ein Seminar oder bilden uns via YouTube weiter. Warum also nicht auch beim Thema Sexualität? Ich beschäftige mich seit Jahren mit diesem spannenden Thema und kann getrost sagen, wir dürfen ALLES vergessen, was wir jemals über Sexualität zu wissen glaubten.
Es ist fatal, wenn wir unsere sexuelle Bildung aus Pornografie ziehen.
Eine solche Sexualität ist äußerst oberflächlich, für die Frau oft unbefriedigend, und auch Männer tauchen mit „schnödem Gerammel“ nicht wirklich in die Tiefen erfüllter Sexualität ein. Manche Menschen denken, die Erfahrungen mit anderen Partner*innen seien ausreichend und dass die eigene Sexualität so schlecht doch nicht ist. Das mag sein, aber MEHR geht nahezu IMMER bei diesem spannenden Thema.
Ich finde es lohnenswert, sich mit den Themen Tantra und Slow Sex zu beschäftigen – insbesondere, wenn du ein Gespür für Energien hast oder offen dafür bist, dich überraschen zu lassen, wozu dein Körper imstande ist. Ich persönlich finde klassische Tantra-Kurse für Einsteiger oft überfordernd, weil viele Menschen gar keine Lust haben, den Partner zu tauschen oder direkt nackt zu sein. Daher habe ich einen Tantrakurs speziell für Paare entwickelt, bei dem ihr alle Übungen als Paar durchführt und bekleidet bleibt. Diesen biete ich ab 2025 regelmäßig in Hirschberg (Rhein-Lahn-Kreis) in der Nähe von Frankfurt an.
2. Ein fester Abend pro Woche, der nur euch gehört
Räumt eurer Sexualität ganz bewusst einen Abend pro Woche ein. Mein Partner und ich machen dies seit mehreren Jahren, und uns ist diese besondere Zeit wirklich heilig. Wenn es mal nicht klappt, holen wir sie auf jeden Fall nach – und zwar aus intrinsischen Gründen, weil sie unserer Beziehung so viel Tiefe gibt. Lasst euch überraschen, welche Dynamik dieser Abend entwickelt.
Falls ihr kleine Kinder habt, kann es nahezu unmöglich sein, sich einen ganzen Abend freizuschaufeln. Egal, wie viel Zeit es ist – selbst zwei Stunden sind besser als nichts. Wichtig ist, gerade am Anfang, die Kontinuität. Tragt diesen Termin in euren Kalender ein und behandelt ihn genauso wichtig wie berufliche oder gesundheitliche Termine.
3. Definiert den Begriff Sexualität neu
Für viele Menschen ist Sexualität gleichbedeutend mit dem penetrativen Akt. Doch Sexualität umfasst in meinen Augen soviel mehr!
Kuscheln
Küssen, ganz egal ob zart oder leidenschaftlich - Hauptsache, nicht zu kurz!
absichtslose Tantramassagen
Oralsex
die Hand aufs Genital des Partners oder der Partnerin legen
Selbstliebe
Experimente mit Sexspielzeug
usw. (eure persönlichen Vorlieben, beispielsweise Bondage oder Kink-Elemente)
Wenn Sexualität breiter gedacht wird, ist es wesentlich einfacher, sich den Zugang dazu zu bewahren. Vielleicht hast du an eurem Abend gar keine Lust auf penetrativen Sex und willst lieber kuscheln - großartig! Wichtig ist, den Druck herauszunehmen. Wenn sich Sex immer gleich anbahnt, etwa indem der Mann sich kurz gewissen Körperregionen widmet, kann das schnell anstrengend und unerfüllt sein.
4. Durchbrecht Muster und Gewohnheiten
Damit meine ich nicht euren neu geschaffenen Abend für Sexualität, sondern die Art und Weise, wie ihr miteinander in Kontakt geht. Viele Frauen berichten mir, dass sie genau spüren, wenn ihr Partner Sex möchte. Da dies oft nicht erfüllend ist, macht der Körper über die Jahre zu. Das ist verständlich, aber auch schade! Eine erfüllte Sexualität ist lebendig und nicht vorhersehbar. Deshalb ist es wichtig, den Begriff zu erweitern und nicht müde zu werden, sich weiterzubilden und zu experimentieren.
5. Intimität und Sexualität im Alltag integrieren
Kleine Gesten der Zuneigung im Alltag können dazu beitragen, die Verbindung zueinander zu stärken. Probiert zum Beispiel aus, euch für mindestens 10 Sekunden zu küssen. Küssen euch gar nicht mehr oder gebt euch höchstens einen flüchtigen Kuss auf den Mund? Dies ist eine gute Gelegenheit, eingeschlichene Gewohnheiten zu überdenken und die Lust am Küssen wiederzuentdecken. Übrigens kann es ein alarmierendes Zeichen sein, wenn ihr euren Partner nicht gern küsst oder nicht gut riechen könnt – vielleicht sind eure Körper gar nicht so kompatibel, wie sie sein sollten.
Auch Umarmungen können zu kurz kommen, obwohl sie ein menschliches Grundbedürfnis sind und einfach gut tun. Und ich meine nicht einen lieblosen Drücker zwischendurch, sondern echte Umarmungen, bei denen sich eure Körper berühren. Probiert mal den Unterschied zwischen einer bewussten, intimen Umarmung und einem oberflächlichen Drücker aus.
6. Offene Kommunikation
Eine offene Kommunikation über Bedürfnisse, Wünsche und Sorgen ist essenziell für eine gesunde sexuelle Beziehung. Oft schämen sich Paare, über ihre Intimität zu sprechen, was zu Missverständnissen und Entfremdung führen kann.
Setzt euch regelmäßig zusammen, um über eure Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen. Fragt euch, was euch gefällt, was euch stört und was ihr euch wünscht. Das kann auch dazu führen, dass ihr neue Wege findet, eure Sexualität zu leben. Ideal dafür ist die Methode des Sharings: Jeder Partner bekommt 5 bis 10 Minuten Zeit, um über alles zu sprechen, was ihn in der Partnerschaft bewegt. Der andere Partner hört einfach zu und kommentiert nichts, auch wenn er sich angegriffen fühlt oder eine eigene Meinung hat.
Vielleicht ist dies am Anfang ungewohnt und anstrengend, aber nach ein paar Mal wird es euch immer leichter fallen. Danach ist die zweite Person dran und auch sie bekommt ungestörten Raum. Im Anschluss könnt ihr gemeinsam reflektieren, was beim Gegenüber angekommen ist.
Die Kunst besteht darin, neugierig auf euren Partner zu bleiben – selbst, wenn ihr schon Jahre zusammen seid. Lasst euch überraschen, was beim Sharing ans Licht kommt. Neugierde ist ein essentieller Bestandteil einer lebendigen Beziehung. Wir werden einen anderen Menschen niemals in- und auswendig kennen, selbst nach Jahrzehnten. Diese Annahme kann der innere Tod einer Beziehung sein – zu glauben, alles über den anderen zu wissen.
7. Stressbewältigungstechniken
Stress kann eine der größten Herausforderungen für Intimität und Sexualität sein. Wenn wir gestresst sind, sinkt unser Verlangen nach Nähe und Zuneigung oft erheblich. Integriert Stressbewältigungstechniken in euren Alltag. Das kann Meditation, Yoga, gemeinsame Spaziergänge oder das Hören entspannender Musik sein. Wenn ihr euch beide entspannter fühlt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ihr euch auch näherkommt.
Für uns hat sich an unserem Paar-Abend eine kurze gemeinsame Breathwork-Session etabliert. Diese hilft uns, den Schalter vom Alltag zu einem besonderen Raum umzulegen. Ich persönlich liebe Rituale und finde, dass sie wahre Magie kreieren. Manchmal räuchern wir auch mit Palo Santo oder ziehen eine Krafttierkarte. Ihr findet sicher euren eigenen, individuellen Weg.
8. Die Rolle von Technologie
Technologie kann sowohl eine Hilfe als auch ein Hindernis für eure Intimität sein. Oft verbringen Paare mehr Zeit mit ihren Smartphones oder Tablets als miteinander. Legt feste Zeiten fest, in denen ihr die Technik beiseitelegt und euch ganz aufeinander konzentriert. Ganz wichtig ist es, das Handy an euren Paar-Abend wegzulegen, denn nichts holt einen schneller in den Alltag zurück als E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten, die Verpflichtungen mit sich bringen.
9. Geduld und Verständnis
Zuletzt ist es wichtig, Geduld mit euch selbst und eurem Partner zu haben. Intimität und Sexualität sind keine statischen Elemente; sie entwickeln sich ständig weiter. Seid offen für Veränderungen in eurer Beziehung und akzeptiert, dass nicht jeder Tag gleich ist. Manchmal gibt es Phasen, in denen die Intimität weniger ausgeprägt ist. Das ist völlig normal. Wichtig ist, dass ihr immer wieder den Weg zurück zueinander findet.
Fazit
Intimität und Sexualität sind essentielle Bestandteile jeder Beziehung, doch sie erfordern Pflege und Aufmerksamkeit, besonders in einem stressigen Alltag. Indem ihr euch ganz bewusst Zeit füreinander einplant, offene Kommunikation pflegt und kleine Gesten der Zuneigung in den Alltag integriert, stärkt ihr eure Verbindung und haltet die Flamme der Intimität am Lodern. Letztlich ist es die Kombination aus Verständnis, Geduld und gemeinsamen Erlebnissen, die eure Beziehung auch in turbulenten Zeiten nährt.
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